Open Data, Open Government, Ehrenamt, Förderprogramme, tolle Projekte und Nachhaltigkeit: Das geht oft nicht zusammen. Es wird nicht zusammen gedacht. Das muss sich ändern, aber wie?
Hier ein paar Gedanken nach unserem Online Barcamp zum OpenData Day 2021 und nachfolgenden Gesprächen.
Verfeuert das digitale Ehrenamt sein Potenzial?
Rund um Open Data und Open Government wurden in ehrenamtlicher Arbeit diverse Ideen geboren. Diese Ideen sind in einzelnen OK.Labs mit oder ohne Unterstützung der Open Knowledge Foundation (OKF) vorgedacht, erprobt und teilweise umgesetzt. Daneben gibt es diverse Initiativen, Hackathons und einzelne Aktive, die weitere Ansätze ins Leben gerufen haben. Von OPARL, kleineAnfragen.de, luftdaten.info über Offener Haushalt, Mein Stadtarchiv zu Gieß den Kiez und vielen anderen sind hierbei tolle Projekte entstanden. An manchen Stellen wurden diese Ideen über Hackathons oder Pilotprojekte zeitweise gefördert.
Immer wieder entsteht der Bedarf, diese Ideen zu verstetigen, auszubauen und einer breiten Öffentlichkeit zugängig zu machen. Dabei stoßen die ehrenamtlich aktiven Menschen dann schnell an ihre Kapazitätsgrenzen und können einen professionellen Betrieb wenn überhaupt nur kurze Zeit aus eigenen Kräften realisieren. So musste KleineAnfragen.de inzwischen abgeschaltet werden, OPARL ist mit dem in NRW als Leuchtturmprojekt geförderten Front-End Politik bei uns aktuell eingefroren. Ähnliches gilt für viele andere Projekte.
Warum ist Nachhaltigkeit bei Civic Tech Projekten so schwer?
Diese und viele andere, hauptsächlich ehrenamtliche Projekte sind tot oder aktuell nur noch so lala online:
- Weil die Betreuung ehrenamtlich ab einer gewissen Größe einfach nicht mehr funktioniert
- Weil die Entwicklung ehrenamtlich und nur von 1 Person getrieben, die nicht mehr kann oder will, irgendwann stockt
- Weil die Hürden Richtung Verwaltung zu hoch sind
- Weil zu wenige davon wissen
- Weil Förderungen zeitlich eng begrenzt sind
- Weil Förderungen auf Leuchttürme zielen, nicht auf nachhaltige Entwicklung
- Weil Förderungen Produktförderungen sind und keine öffentliche Infrastruktur zum Ziel haben
- Weil Nachhaltigkeit von Beginn an nicht mitgedacht wird
- Weil …
Ja, warum? Und wo liegen die Ursachen für die Schwierigkeiten der aufgeführten Projekte? Vor allem: Wie können wir solche guten und erhaltenswerten Vorarbeiten verstetigen?
Wie könnten wir Projekte aus der Community verstetigen?
In den Gesprächen und im Panel des OpenData Day 2021 wurden Lösungsvorschläge diskutiert, niedergeschrieben, initiiert. Die Ansätze knüpfen an die Idee eines Civic Tech Fund an:
- Schaffung einer Art „OpenFound“ (ähnlich ProtoTypFound), hierbei jedoch als stetiges Angebot um Angebote zu schaffen, die von einer breiten Öffentlichkeit genutzt werden können. Finanzierung über laufende Förderungen und Beiträge der nutzenden Körperschaften. Angesiedelt unter dem Dach der OKF/code for Germany.
- Wie 1., allerdings unter dem Dach eines noch zu gründenden OpenDataInstitus (ODI)
- Wie 1., als eigenständige Institution (z.B. e.V., GbR oder ähnliches)
- „Digitale Spielwiese e.V.“ als mit Ressourcen ausgestattetes Koordinationsgremium mit technischen, inhaltlichen und monetäreren Paten
- Code Genossenschaft oder e.V. oder öR Einrichtung die Projekte managed (siehe https://wechange.de, https://opencollektive.com oder https://code4ro/en)
- Förderungen anstreben, die nicht auf Leuchtturmprojekte zielen sondern auf eine nachhaltige Entwicklung einer Idee. Eventuell wäre auch die Möglichkeit eines laufend finanzierten Betriebsmodells ein mögliches Förderungsziel.
- FöderalCloud als nachhaltige Plattform, wurde nicht näher beleuchtet
Spannend bleibt die Frage, mit welchen Hebeln das Ziel der Verstetigung am wirkungsvollsten erreicht werden kann.
Besondere Herausforderungen und Abgrenzung
Ehrenamtliche Projekte und ehrenamtlich Engagierte ticken einfach ein bisschen anders. Zu berücksichtigen ist,
- dass die sehr lebendige und sich stetig verändernde Community und das Umfeld nur schwer mit starren Systemen umgehen können. Der Lösungsansatz muss daher flexibel agieren können und sich dabei verändernden Bedingungen anpassen.
- dass niemand eine weitere Stelle braucht, die aktuelle HypeThemen nach vorne stellt.
- dass auch das Thema Vermarktung und Sichtbarkeit einen wesentlichen Bestandteil der Aufgabenstellung beinhalten wird.
- dass nicht alle Projekte rund um Themen der Open Community das Ziel haben, verstetigt zu werden. Manches ist als reiner Impuls gedacht oder soll nur eine aktuelle Situation „bedienen“. Die Frage, ob auch für diese Themen stärkere Strukturen förderlich wären, beispielsweise in Form von Technik, Kontakten und Wissen, verdient eine gesonderte Betrachtung, bei der es um einen offenen Unterbau gehen könnte, auf den die OK.Labs und andere zugreifen können.
Das Thema der Verstetigung ehrenamtlicher IT bleibt Gegenstand vieler Überlegungen und Anstöße, an denen das Offene Kommunen.NRW Institut sich beteiligt.
Ein erster Versuch….
Im Nachgang zum Barcamp fand ein Austausch einiger Teilnehmenden statt und die Idee eines „Feldversuchs“ wurde geboren. Zum Projekt „Mein Stadtarchiv“ haben sich aktuelle Nutzende, Interessierte und potentielle Geldgeber dann zu einem Workshop getroffen. Nach einigen Gesprächen im Nachgang konnte ein kommunales Rechenzentrum gewonnen werden, welches das Projekt nun für 3 Jahre fördert und gleichzeitig auch mit den Verwaltungen über einen kleinen laufenden Obolus für Hosting und Betreuung verhandelt. So soll nach den 3 Jahren eine finanzielle „Grundsicherung“ erreicht werden, die zumindest die Aufwendungen für das Hosting und den laufenden Betrieb sicherstellt. Hier mehr dazu.
Welche Ansätze, Vorteile und Nachteile seht Ihr?
Weiterführende Infos rund um das Thema zum Nachlesen:
- Das Unbehagen im Hackathon von Basanta Thapa
- OpenData: bisschen Prototyp und das war´s dann? von Ernesto Ruge
- OpenData: nachhaltige Wertschöpfung mit Startups von Wolfgang Ksoll
- Die Zukunft der OKF von Andreas Pawelke