Der Deutsche Städte- und Gemeindebund hat den Kommunen empfohlen, ihre Daten zu verkaufen und damit Geld zu verdienen.
Dr. Gerd Landsberg, Hauptgeschäftsführer des DDStGB erklärte, Daten seien das Öl des 21. Jahrhundert und damit ließen sich wichtige Einnahmen für die Kommunen erzielen.
Die Meldung ging gestern durch die Medienlandschaft und löste ein mittelschweres Gewitter vor allem in der Netzgemeinde aus.
Der Aussage von Dr. Landsberg muss deutlich widersprochen werden!
Puh, kaum ist der @Habbel weg, schon kommt ein spektakulärer Dämpfer für die gesamte #opendata-Bewegung vom @Gemeindebund ? Da hat man wenig verstanden – man muss sich als kommunaler Treiber schwer veräppelt fühlen … https://t.co/D6oS9Ue0oJ
— Claus Arndt (@derarndt) 9. April 2018
Vielleicht ist es einfach nur ein Schrei nach Aufmerksamkeit, dass sich jetzt auch die kommunalen Spitzenverbände in die unsinnige Diskussion einklinken wollen, Daten seien das neue Öl des 21. Jahrhunderts.
Daten seien mit Steuergeldern bezahlt und so sollten Nutzer auch ihrerseits für die Nutzung Geld zahlen. Auf diese Art und Weise werden aber lediglich krude Geschäftsmodelle der großen Datensammler kopiert – aber nicht zum Guten für die Kommunen.
Dieser Gedanke widerspricht der Open Government Idee und dem Stand der Dinge, nach dem Daten menschen- und maschinenlesbar durch die Verwendung offener Nutzungsrechte von jedermann frei verwendet, nachgenutzt und verbreitet werden können. Eine Einschränkung erfahren diese nur, wenn es um personenbezogene Daten geht.
Die Open Data-Community hat jahrelang für eine Öffnung der Daten der Öffentlichen Verwaltungen gekämpft und die gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Vorteile herausgearbeitet. Die zahlreichen Projekte von Code for Germany können hier eingesehen werden. Auch wir von Offene Kommunen.NRW zeigen jedes Jahr im Rahmen des Barcamps, wie offene Daten die Gesellschaft ein Stück weit besser machen. Hier sei auf die vielen Beispiele allein aus dem Jahr 2017 verwiesen.
- Das Open Data Gesetz auf Bundesebne ist bereits in Kraft. Die Bürgerinnen und Bürger haben sich also durch ihre gewählten Vertreter bereits entschieden, dass es gut und sinnvoll ist, Daten als Offene Daten zu deklarieren und frei zu nutzen.
- In NRW steht das Landesgesetz zu Open Data noch aus, ist aber in Arbeit. Damit ist man auf dem Weg, den politisch eingeschlagenen Weg gesetzlich zu unterfüttern, um Open Data zum Regelfall werden zu lassen.
- Kommunen, die ihre Daten verkaufen wollen, ändern ihr Gesicht: Sie sind dann marktorientiert, wo sie doch eine dem gemeinwohlorientierte DNA haben und verfassungsmäßig anders aufgestellt sind als Geld zu verdienen.
- Wer jetzt Daten kostenpflichtig auf den Markt bringt, verdrängt gelungenen Ansätze aus der Open Data Bewegung der letzten Jahre und bremst zivilgesellschaftliche Kompetenz.
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Open Data sorgt für mehr Transparenz und damit für eine Stärkung der Demokratie. Das zeigt sich insbesondere in den Projekten zu den Offenen Haushaltsdaten.
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Wenn Kommunen Daten verkaufen, müssen sie ein wirtschaftliches Interesse an Geheimhaltung entwickeln und schwächen damit die kommunale Demokratie.
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Die Öffentliche Verwaltung selbst ist der potentiell größte Nutzer und Nutznießer von Open Data: Open Data ist ein starker Innovationstreiber für Verwaltungsmodernisierung.
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Eine Monetarisierung von Daten der ÖV wirkt als Innovationshemmer.
- Vertrauen wird jetzt verspielt, wenn Daten von Bürgern verkauft werden sollen. Intransparenz und Vorteilsnahme werden Vorschub geleistet, weil die Bürgerschaft an diesem Aushandlungsprozess mit wirtschaftlichen Interessen kaum beteiligt sein dürften.
- Bei der Nutzung von Open Data ist das umgekehrt, das Prinzip Open hilft allen, die die Daten nutzen wollen oder auch nur die Ergebnisse nutzen können, wie die zahlreichen Apps und Tools, die entstanden sind.
- CiviTech-Projekte wird es bei bepreisten Daten dann nicht mehr geben, da sich die Community und Interessierte diese nicht mehr leisten können – ein enormes zivilgesellschaftliches Innovationspotenzial geht verloren, welches bisher in hohem Maße in gemeinwohlorientierte Projekte geflossen ist.
- Es war und ist die OpenData-Community um Code for Germany und den OKLabs in Deutschland, die seit Jahren den Beweis führen, wie sinnvoll und gemeinwesenorientiert Offene Daten eingesetzt werden können. Sie haben längst gezeigt, was damit alles konkret machbar ist.
- Es ist die Open-Data-Community, die sich eingesetzt hat für den Open-Gedanken als transparente Grundlage des Regierungs- und Verwaltungshandeln. Durch ihr Wirken und die realen Projekte setzte ein notwendiger Paradigmenwechsel ein, der das Vertrauen der Bürgerschaft wiederzugewinnen hilft.
- Dafür setzt sich Offene Kommunen.NRW seit Jahren ein, dafür steht auch das Netzwerk Open Government Deutschland.
Und vielleicht ist das hier auch eines der schlagendsten Argumente: Der rein volkswirtschaftlich relevante Nutzen von Open Data wird an vielen Stellen unterstrichen. Die Konrad-Adenauer-Stiftung hat dazu berechnet:
Die Open-Data-Studie der Konrad-Adenauer-Stiftung e.V. belegt, dass offene Verwaltungsdaten in Deutschland einen volkswirtschaftlichen Mehrwert von 43.1 Mrd. Eur. p.a. erzeugen und 20.000 Arbeitsplätze schaffen können. Sie liefert damit ein starkes Argument, die systematische Bereitstellung offener Daten zu forcieren. Und viel mehr: Open Data kann Treiber des gesellschaftlichen Wandels sein und das Verhältnis von Staat, Bürger und Wirtschaft entscheidend prägen. Verbesserte Rahmenbedingungen und politische Führung sind dafür zwingend erforderlich.
Daten werden bereits jetzt schon von den Kommunen verkauft. Die Einnahmen daraus sind gering, die verwaltungstechnischen Aufwendungen hoch. Es gibt hierzu bereits Berechnungen (Entgeltstudie des BMI), dass sich das nicht lohnt. Als Bürger kann man der Weitergabe eigener Daten widersprechen, allerdings wird kaum jemand im Bürgeramt darauf hingewiesen. Firmen können trotz Widerspruchs danach fragen, ob die ihnen bereits vorliegenden Adressen noch aktuell sind. Anschriften sind viel wert, wenn man Werbung verschicken will. Trotz einer oftmals mangelnden Qualität von Daten sind es gerade kommunale Daten, die ein hohes Maß an Verifizierung versprechen. Davon zu sprechen, dass die Bürger besonderes Vertrauen in die Verwaltungen haben, ist daher richtig. Taugt aber im Umkehrschluss auch nicht für den Ansatz, dass Verwaltungen die Bürgerdaten schon schützen würden, denn Geschäftsinteressen werden schon jetzt gegenüber Kommunen ganz vehement durchgesetzt.
Soll der Staat überhaupt wirtschaftlich arbeiten – und sich damit einreihen in die Riege der durchökonomisierten Felder? Wohl eher nicht! Das ist ein neoliberal geprägtes Muster der späten 90er Jahre, als man dachte, der Staat solle ein monetäres Erlösmodell verfolgen. Diese Denke der Kaderschmieden und Stiftungen, die sich dem neoliberalen Wettstreit von Kommunen mit Kennzahlen etc. widmeten, ist ein überholtes Modell von Staatlichkeit als Wettbewerber. Dieses Bild ist längst ersetzt durch die Forderung der Bevölkerung nach Good Governance und dem Wunsch nach Transparenz, Offenheit, Partizipation und Teilhabe.
Open Data Community für Gemeinwohl
Mit der neuen DSGVO wird den Bürgern ab Mai die erweiterte Möglichkeit gegeben, nicht nur Firmen, sondern auch die kommunale Verwaltung danach zu fragen, an wen sie die Daten weitergegeben haben und zu welchem Zweck. Damit verbunden sind auch weitere Möglichkeiten, wie das Recht auf Löschen und Verändern
Wir stehen an einem Wendepunkt. Daten wohlfeil zum Kauf anzubieten ist nicht der Weg, um unsere Demokratie zu stärken. Schon gar nicht, weil wir Bürger gar nicht gefragt werden. Wir haben auch keine Sanktionsmöglichkeiten gegenüber dem Staat, wenn der unsere Daten verkauft. Das sind sehr schlechte Rahmenbedingungen in einer Zeit, in der der gesellschaftliche Zusammenhalt schwächer wird und wir das Vertrauen in unser Gesellschaftssystem u.a. durch Transparenz und Offenheit stärken müssen. Ein großes Maß an Offenheit wäre hilfreich solange in Deutschland nicht einmal geregelt ist, wie ein persönliches Eigentumsrecht an Daten eigentlich aussehen könnte.