Was haben Open Government und der Klimawandel miteinander zu tun? Viel – wie wir fanden. Deshalb haben wir unser jährliches Barcamp “Klima-Unkonferenz” genannt.
Mit dem Leitthema „mehr Klimaschutz durch mehr Demokratie“ hatten wir am 16. und 17. November zum OKNRW-Barcamp in die Bergische Volkshochschule in Wuppertal-Elberfeld eingeladen. Klar war von vornherein, viele Bürgerinnen und Bürger wollen mithelfen, ihre Städte und Gemeinden zu klimaneutralen Kommunen zu entwickeln. Wir wollten beim Barcamp ausloten, wie das Instrumentarium von Open Government und Open Data für einen besseren Klimaschutz genutzt werden kann.
Die 120 Anmeldungen ließen ein volles Haus erwarten und so war es dann auch. Bei der Begrüßungsrunde im großen Saal traf sich eine bunt gemischte Community vom Schüler bis zur achtzigjährigen Seniorin, die viele unterschiedliche Sichtweisen in die Diskussionsrunden einbrachten.
Thorsten Sterk vom Bürgerrat Demokratie stellte mit “Prima Klima durch Bürgerräte” ein Bürgerbeteiligungsmodell vor, das tags zuvor in Berlin von dieser bundesweit agierenden Initiative Bundestagspräsident Schäuble präsentiert worden war. Es geht dabei um eine Ergänzung der demokratischen Prozesse durch Bürgerräte, die auf den folgenden 5 Prinzipien beruhen:
- arbeitet mit zufällig ausgewählten Bürgerinnen und Bürgern
- stellt die Demokratie selbst ins Zentrum
- unterstützt die Politik Lösungen zu finden, ohne sich anzubiedern
- hat das Ziel, einen Querschnitt der Bevölkerung abzubilden
- bringt greifbare Ergebnisse, die wirklich in die Politik einfließen
In Frankreich und Großbritannien wird aktuell bereits mit nationalen bzw. lokalen Klima-Bürgerräten experimentiert, um schneller zu einem gesellschaftlichen Konsens über effektive Klimaschutzmaßnahmen zu kommen. Teilnehmer*innen des nationalen Bürgerrat Demokratie in Deutschland benannten Klimaschutz vielfach als geeignetes Thema für Bürgerräte in Deutschland, denn Bürgerräte hebeln demokratische Prozesse nicht aus, sondern stärken sie. Kommunen in NRW könnten damit in Deutschland Vorreiter sein.
Was eine Stadt für den Klimaschutz und die Open-Source-Szene tun kann, fragte sich Christian Nähle von DO-FOSS in seiner Session am Sonntag. Die Antwort auf seine Frage gab er prompt selbst und stellte zwei Dinge in den Fokus:
- Formalisieren und verstetigen
- Vorhandenes skalieren
Niemand reißt sich darum Prozesse zu dokumentieren oder formelle Abläufe zu standardisieren — für die Verwaltung ist “Formalkram” aber das täglich Brot. Diese Formalitäten können Nachhaltigkeit von Grund auf mitdenken und so einen Rahmen schaffen indem sowohl an das Klima als auch an offene Software gedacht ist. Als drastisches Beispiel sieht er den klassischen ehrenamtlichen Verein. Die anno dazumal gepflegte Vereinsmeierei lockt heutzutage kaum noch einen Jugendlichen hinter dem Ofen hervor — viele Vereine sterben in absehbarer Zukunft einfach aus.
Dennoch wollen sich viele junge Menschen gemeinnützig engagieren und genau da ist der Ansatzpunkt für die Verwaltung. Sie kann grundlegende Angebote für höherwertige Organisationsmodelle schaffen. Nach dem Motto: Wir suchen Expertise — für alles andere ist gesorgt! Aufbau und Abbau, Vor- und Nachbereitung, Dokumentation und Vernetzung: die Liste der unliebsamen (aber wichtigen!) Aufgaben ist lang. So können Ideen entstehen, aufgearbeitet und verbreitet werden.
Die Bundeskanzlerin hat kürzlich in einem Videostatement auf die Bedeutung von Open Data hingewiesen. Die Bundesregierung will bis Mai 2020 eine Open Data-Strategie verabschieden. In offenen Dialogverfahren soll die Basis dafür gelegt werden. Im Auftrag des Bundesinnenministeriums wurde in einer Session des OKNRW-Barcamps der Anfang gemacht. Eine der zentralen Forderungen der Community: Open By default & design: In allen Digitalisierungsprojekten sollte der Aspekt Open Data mitgedacht werden. Die Kommunen sollten mehr Unterstützung bekommen, um ihre Daten offen zu legen und Verwaltungen auf allen staatlichen Ebenen müssen Know-how aufbauen, um Open Data wertschöpfend nutzen zu können.
Die Menge an tollen Sessions hat uns beeindruckt. Um Euch aber weitere Anknüpfungspunkte für Eure Gespräche zu bieten, haben wir alle Sessions auf der Plattform Barcamptools verlinkt. Weitere Eindrücke der Veranstaltung findet Ihr auf Twitter unter dem Hashtag #oknrw.
Berichte zur Unkonferenz von Open.NRW KLIMA-UN-KONFERENZ 2019 – Mehr Klimaschutz durch Open Government und Open Data? und im Naturwissenschaftsblog Barcamp OKNRW – Klima und Open Data.
Die Sessions im Überblick
Samstag
- Offene öffentliche Einkaufsdaten in Deutschland – Britta Reuter
- PV-Anlagen – Michael Widemann
- O-Mat-NRW – Damian Paderta
- Prima Klima durch Bürgerräte – @thorstensterk
- Film Crew – Wer was sagen möchte, kann gerne kommen
- Mehr Beteiligung der Gesellschaft / Multikulturell – Van-Lang
- Klimaschutz einfach machen – Beate Petersen
- Open-Data-Strategien der Bundesregierung – CCOD,Marie Jansen
- CitizenScience: Klimawandel erlebbar machen – @ak_text
- Open-Data im Tourismus – @kristinehonig
- Gemeinwohlorientierung – lokal handeln, global vernetzen – Harald Franz
- Open Data & Urban Gardening – Damian Paderta
- Open Government Partnership + Govtech-Initiative
- Offene Umweltdaten aus Düsseldorf
- Soziale und ökologische Mobilität durch etuktuk
- Freie Software für Kommunen – Christian Nähle
- Open-Data-Institut Deutschland – @greveler
- Bürgerrechte in der smarten Stadt / autonomes Fahren und Datenschutz – @herrfrankmann
- Klimafolgenanpassung – Stadtgrün – Michael Felstau
- Kooperation zu Living Labs – Peter Flesch
- Kommunales Klimawatch – Thomas Terstiege
- OKNRW – offene Mitgliederversammlung
Sonntag
- Digitaler Bolzplatz, aber wie? – Dirk Nagels
- Open Data konkret – @eberius
- Lo-Ra Sensoren für Waldgesundheit / mobile Umweltdaten via LoRaWan
- Open Data + SDGs 17 Ziele – Tobias Siebenlist
- Open Source und Selbermachen / Bits und Bäume – Christian Nähle
- Fragen zum Bürgerticket – Arnim
- 10. OKNRW-Barcamp – Dieter Hoffmann