Jeden Tag produzieren wir Verkehr, wenn wir die Haustür hinter uns schließen und zur Arbeit gehen, zum Einkaufen, zum Sport, zu Freunden, ins Kino, ins Theater, ins Schwimmbad oder in den Park. Jeden Tag betreiben wir Verkehrspolitik, ohne es zu merken, allein mit unserer Verkehrsmittelwahl. Nehme ich das Auto, den Bus, die Bahn, das Fahrrad oder Schusters Rappen? Wie kombiniere ich diese? Kann ich mit dem Rad in den Bus und dann weiterfahren? Fahre ich mit dem Auto zum Parkplatz und nehme dann die Bahn? Jedes Mal ist unsere Wahl ein kleines Stück Verkehrspolitik.
Und auf der anderen Seite bestimmt die städtische Verkehrspolitik unsere Entscheidung. Wo kein Bus fährt, kein Radweg liegt, kein Bürgersteig vorhanden ist, bleibt keine Wahl. Und in diesen Sphären der Verkehrspolitik wird es komplex, wir sind in der Welt des Ingenieurs, des Raumplaners, der Verwaltungsmaschine, der Gutachter. Und wer es noch komplizierter mag, denkt an die Landes- und Bundesebene, denn von dort kommen die Rahmenbedingungen, Verordnungen und – ganz entscheidend – das Geld.
Eine zukunftsfähige, partizipative Verkehrspolitik steht vor der Aufgabe die fachliche Ebene, die politische Ebene und die Nutzer-Ebene zusammenzubringen. Es gilt das Wort des Wuppertaler Oberbürgermeisters beim Wort zu nehmen: „Bürger sind Ratgeber, die haben viele gute Ideen.“ Doch gute Ideen von engagierten Ratgebern nützen nichts, wenn sie im Klein-Klein der Politik oder in täglichen Arbeitsbelastung der Fachabteilung zerrieben werden.
Oft bleibt auch im Tagesgeschäft keine Zeit für den Perspektivenwechsel. Oder er ist zu anstrengend. Dann braucht es Impulse von außen, aus der Bürgerschaft. Ideen, für die es Informationen, offene Daten braucht. Und eine Bereitschaft, die Bürger bei der Entwicklung ihrer Ideen zu fördern. Andererseits kann die Vernetzung von Informationen uns helfen, unsere Entscheidungen zu überdenken. Wie können wir jetzt und heute unsere Mobilität verbessern, wie können wir die Digitalisierung nutzen, um ein neues Informationslevel zu erreichen? Was können wir selber tun, was haben wir selber in der Hand, um die Mobilität von morgen zu bauen? Die Nordbahntrasse zeigt, dass es kaum Grenzen für gute Ideen gibt.
Bei OKNRW 2016 wollen wir uns diesen Fragen nähern, denn das Verkehrswendeprojekt #Mobilwandel, braucht eine neue Mobilitätsplanung und dafür passende partizipative Konzepte. Die Politik hat sich lange genug tot gestellt und die Entscheidungen, die sicher nicht einfach werden, versucht auszusitzen. Wir brauchen eine gemeinsame Anstrengung, unsere Mobilität ins 21. Jahrhundert zu hieven. Geht nicht, gibt’s nicht! Es gibt viele Beispiel aus aller Welt, von denen wir lernen können und viele Bürger, die daran mitarbeiten wollen.
Der Autor:
Jan Niko Kirschbaum ist Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl für Neueste Geschichte der Heinrich Heine Universität Düsseldorf. Zu Verkehrs- und anderen Themen schreibt er auf seinem Blog Tal-Journal.net.
Bei Twitter ist er unter @taljournal zu finden.
Praxis-Tagung Offene Kommunen.NRW – Mehr Verkehr! am 12. und 13. November in Wuppertal. Von Bürgern für Bürger.