„Offene Verwaltungsdaten bergen prinzipiell die Chance einer neuen Bildungsgestaltung (Open Educational Resources).“ Diese These stellt das Fraunhofer Fokus Institut in einer Studie für die Stadt Köln auf, ohne allerdings eine Nachweis aufzuführen.
Die Stadt Moers ist daher im Herbst 2013 gemeinsam mit E-Government-Studenten der Hochschule Rhein-Waal und dem Moerser Gymnasium Adolfinum dazu angetreten, diese auf den ersten Blick einleuchtende These zu überprüfen. In einer der aus dem Projekt entstandenen Bachelorarbeiten hat Holger Lieske folgende Argumente von Fraunhofer Fokus einer kritischen Würdigung unterzogen:
• Der breite Themenraum offener Daten ermöglicht deren Einsatz in vielen Fächern.
• Die Quellen offener Daten sind vertrauenswürdig und somit besonders geeignet für den Unterricht an Schulen.
• Offene Daten sind im Gegensatz zu vielen Informationen in Schulbüchern aktuell.
• Offene Daten der Kommunen ermöglichen einen stärkeren lokalen Bezug der Wissensvermittlung.
• Offene Daten können interaktiv in den Unterricht eingebunden werden, was zumeist aufgrund des eher statischen Unterrichtsmaterials nicht möglich ist.
Alle Punkte spielen bei dem positiven Zwischenfazit (das Projekt geht ja noch weiter – in diesem Schuljahr u.a. erstmalig auch in zwei 7. Klassen!) eine Rolle. Allerdings muss man fairerweise sagen, dass auch ohne die Öffnung der Daten im Sinne von Open Data die genannten Vorteile greifen würden. Nehmen wir das Beispiel Haushalt: Die Haushaltspläne der Stadt Moers stehen schon seit Jahren als PDF zum Download auf der Website bereit und bieten somit aktuelle Daten mit lokalem Bezug aus einer vertrauenswürdigen Quelle.
Offene, maschinenlesbare Daten eröffnen jedoch zusätzlich das Potenzial für die Entwicklung von Anwendungen wie z.B. Offener Haushalt, die interaktiv in den Unterricht eingebunden werden können. Und hier ist in den Unterrichtsstunden in den 9., 11. und 12. Klassen am Beispiel der Haushaltsdaten und Wahldaten die Stärke offener Daten zu Tage getreten: Der Zugang zu den Informationen war über die ansprechende Visualisierung erheblich einfacher und zielgruppengerechter als über die herkömmlichen Wege. Dies hat dazu geführt, dass sich die Klassen wesentlich schneller inhaltlich mit den Fragestellungen auseinandersetzen konnten und auch mit größerem Spaß bei der Sache waren.
Damit Open Data im Bildungssektor zu einer Erfolgsstory wird, bedarf es aber noch einiger Anstrengungen. Die Größte muss– wie so oft bei neuen Themen – in den Köpfen der Beteiligten in Angriff genommen werden: In Moers haben sich trotz vielfältiger Bemühungen nur eine Schule und nur ein Lehrer bereit erklärt, das Experiment mit offenen Daten zu wagen. Die Innovationsfreude in den Schulen scheint begrenzt, das sperrige Thema Open Data viel zu weit weg vom Lehreralltag, die Bedingungen für den Einsatz von interaktiven Webanwendungen vor Ort in vielen Schulen zu bescheiden (Computerräume, WLAN etc.).
Das Projekt „Open Data und Schule“ möchte einen Beitrag dazu leisten, dass der Wert offener Daten von allen Akteuren besser erkannt wird. Hierzu wird es einerseits sehr gut vom Lehrer Thomas Nolte im Wiki der Schule laufend dokumentiert, andererseits soll ein Vorgehensmodell entwickelt werden, dass – natürlich unter einer freien Lizenz – zur Verfügung gestellt wird und eine Orientierung für Schulen und Lehrkräfte bieten soll. Wünschenswert wäre nun noch die Entwicklung weiterer Anwendungen, die offene Daten nutzen und die sinnvoll in den Unterricht eingebunden werden könnten. Dies kann man durchaus als Aufruf an die Community sehen – oder z.B. auch an Schulbuchverlage…
Autor: Claus Arndt, Leiter der Stabsstelle Zentrales E-Government, Stadt Moers, auf Twitter als @derarndt unterwegs und auch bei Google+ zu finden.