
Künstliche Intelligenz ist längst nicht mehr nur ein Thema für Tech-Konzerne und Forschungslabore. Sie prägt zunehmend unseren Alltag – von der automatischen Übersetzung bis zur Pflegedokumentation. Doch während die einen von KI profitieren, bleiben andere auf der Strecke. Ein neues White Paper des Projekts „Code of Conduct Demokratische KI“ zeigt auf, wie wir KI gerechter gestalten können. In diesem Projekt entwickeln über 40 gemeinwohlorientierte Organisationen gemeinsam mit D64 – Zentrum für digitalen Fortschritt einen „Code of Conduct Demokratische KI“ – eine Selbstverpflichtung für den verantwortungsvollen KI-Einsatz in der Zivilgesellschaft. In vier hybriden Workshops zwischen Juni 2024 und September 2025 entsteht ein gemeinsamer Orientierungsrahmen, der zivilgesellschaftliche Akteure zu einem reflektierten Umgang mit KI befähigt und ihre Zusammenarbeit stärkt. Drei begleitende White Paper beleuchten dabei, wie sich KI-Nutzung mit den Grundwerten Freiheit, Gerechtigkeit und Solidarität vereinbaren lässt. Sie bieten praxisnahe Empfehlungen, die Organisationen helfen, ihre Handlungsmöglichkeiten zu verstehen und bewusste Entscheidungen beim KI-Einsatz zu treffen.
Die Ausgangslage ist komplex: Einerseits eröffnet KI Menschen mit Behinderungen neue Möglichkeiten der gesellschaftlichen Teilhabe, baut Sprachbarrieren ab und kann Benachteiligungen in komplexen Systemen sichtbar machen. Andererseits reproduziert sie oft bestehende Vorurteile, verstärkt digitale Klüfte und konzentriert Macht bei wenigen Tech-Giganten.
Vier Thesen für eine gerechtere KI
Das White Paper entwickelt vier zentrale Ansatzpunkte:
- AI Literacy – Kompetenz als Schlüssel: Nur wer versteht, wie KI funktioniert, kann sie kritisch bewerten und sinnvoll einsetzen. Dabei geht es nicht darum, alle zu Programmierer*innen zu machen, sondern um grundlegende Kompetenzen im Umgang mit diesen Technologien.
- Zugang für alle: KI darf kein Privileg bleiben. Technische, finanzielle und sprachliche Barrieren müssen systematisch abgebaut werden, damit alle gesellschaftlichen Gruppen von den Möglichkeiten profitieren können.
- Diskriminierung aktiv bekämpfen: KI-Systeme sind nicht neutral – sie spiegeln die Vorurteile ihrer Trainingsdaten und Entwickler*innen wider. Hier braucht es klare Leitlinien, kontinuierliche Kontrolle und die Einbindung betroffener Gruppen.
- Nachhaltigkeit mitdenken: Der Energiehunger von KI-Systemen ist gewaltig. Transparenz über Ressourcenverbrauch, der Einsatz kleinerer Modelle und die kritische Abwägung von Nutzen und Kosten sind essentiell.
Besonders wertvoll sind die konkreten Beispiele aus der Praxis: Wie der ASB Deutschland digitale Spracheingabe in der Pflege testet, um Dokumentationszeit zu sparen. Oder wie Startups KI nutzen, um Texte in „Leichte Sprache“ zu übersetzen und damit Menschen mit kognitiven Einschränkungen den Zugang zu Informationen zu erleichtern.
Das Paper macht deutlich: Wir müssen nicht zwischen „KI ist die Lösung“ und „KI ist das Problem“ wählen. Stattdessen braucht es einen reflektierten, informierten Umgang – und vor allem Solidarität. Nur wenn zivilgesellschaftliche Organisationen zusammenarbeiten, können sie ein Gegengewicht zur Macht der Tech-Konzerne bilden und KI wirklich im Sinne des Gemeinwohls gestalten.
Die Zukunft der KI wird nicht nur in Silicon Valley entschieden, sondern auch in deutschen Vereinen, Initiativen und sozialen Organisationen. Das White Paper zeigt: Es lohnt sich, diese Zukunft aktiv mitzugestalten.
Weitere Informationen unter demokratische-ki.de
-> Download KI und Gerechtigkeit: vier Thesen für die Zivilgesellschaft